Bürger als Citymanager

 

SZ Starnberg vom 27. 12. 2013

Bürger als Citymanager Während in Tutzing die Arbeitskreise für Kultur und Verkehr Erfolge verbuchen, geht beim Hochwasserschutz und bei der energetischen Sanierung kommunaler Bauten nichts voran, sagen engagierte Einwohner

Von Gerhard Summer Tutzing - Bürgerbeteiligung. So hieß das Stichwort des Wahlkampfs 2008 in Tutzing. Der Bürgermeister von Weyarn, Michael Pelzer, war damals in die kleine Seegemeinde gekommen und hatte von seinem Gemeinschaftsmodell berichtet. Das Besondere daran: Der Gemeinderat beschließt zwar die Projekte, aber bei der Realisierung bedient er sich der Kompetenz aller Einwohner. In Weyarn sind es mithin die Arbeitskreise, die mit professioneller Hilfe Lösungen erarbeiten. Und eine Koordinationsstelle sorgt dafür, dass Kommunalpolitiker und Bürger stets auf dem gleichen Wissensstand sind. Pelzers Resümee: "Überall da, wo's nicht klappt, stehen Politiker im Weg." Der Bürgermeisterkandidat Stephan Wanner hatte all das auch in Tutzing realisieren wollen. Sein damaliges Credo: Der Ort brauche seine Bürger als Citymanager.

Ob das nun Wahlkampfgetöse war oder ob Wanner sein Versprechen eingelöst hat, darüber gehen die Meinungen auseinander. Tatsächlich gibt es dem Bürgermeister zufolge zwei "sehr gut funktionierende" Arbeitskreise in Tutzing: einen für Kultur mit mehr als 200 Mitgliedern und einen für Verkehr, die von Helge Haaser sowie Gerhard Sening und Julia Reich koordiniert werden. Wie Wanner sagt, sei das Team Verkehr mit dem Unterarbeitskreis Verkehrssicherheit nach Weyarner Vorbild direkt an den Umwelt- und Verkehrsausschuss der Gemeinde angedockt. Und die Vorschläge beispielsweise zur Einführung von Tempo 30 kämen eben aus dieser Runde. Anderes funktioniert weniger gut. Der Traubinger Willi Neuner zum Beispiel sieht sich in seinen Bemühungen, die Teilnehmer für einen Arbeitskreis Hochwasser zusammenzutrommeln, von der Gemeinde boykottiert. Diese Erfahrung hat nach eigenen Angaben auch der Tutzinger Bernd Pfitzner gemacht, der Sprecher des örtlichen Energiewendevereins und Landratskandidat der Grünen ist. In einem Leserbrief beklagte Pfitzner, dass die Gemeinde die Angebote seines Vereins zur energetischen Sanierung des Rathauses ignoriere, und kam zu dem Schluss: Ausgerechnet Wanner, der die Bürgerbeteiligung am Anfang seiner Amtszeit noch gefördert habe, "erstickt diese nun durch sein Verhalten im Keim".

Rathausmitarbeiterin Imme-Susanne Thüring, zuständig für Umwelt, Mobilfunk und Geothermie, widerspricht Pfitzners Darstellung nun energisch. Zum einen liege der Verwaltung die von Pfitzner erwähnte Thermographie-Studie des Rathauses nicht vor. Zum anderen beteilige sich die Gemeinde an dem vom Landratsamt initiierten Projekt "Kommunales Energiemanagement für kommunale Liegenschaften", das der Freistaat fördere. Das Ziel: Das Rathaus werde energetisch untersucht und der Energieverbrauch über drei Jahre hinweg dokumentiert. Eine von der Kommune beauftragte Firma, die EZA Service GmbH, soll dann Verbesserungsvorschläge vorlegen. Es könne mithin keine Rede davon sein, dass im Rathaus das Geld zum Fenster hinausgeheizt werde, so Thüring weiter. Nach wie vor gelte aber: Tutzing unterstütze als Mitglied des Energiewendevereins jederzeit die Aktivitäten dieser Gruppe und greife bei Bedarf gerne auf das Fachwissen der Mitglieder zurück. "Welche konkreten Projekte zur gemeinsamen Bearbeitung geeignet sind, muss jedoch durch fachliche, wirtschaftliche und eigentumsrechtliche Aspekte belegt werden."

 



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